Projektskizze zur geplanten Restaurierung des Priestergrabes in
Schmottseiffen/Pławna (Niederschlesien)
Der Besuch einiger Schmottseiffener Heimatfreunde am 5. August 2025 war Anlaß, die Möglichkeiten der Restaurierung des auf dem Schmottseiffener Friedhof erhaltenen Priestergrabes in den Blick zu nehmen. Ich möchte allen Interessierten und ggf. in die Umsetzung der
Restaurierungspläne einzubindenden Personen die Hintergründe, soweit bekannt, meine persönliche Sicht und Motivation, von der ich hoffe, dass sie für andere nachvollziehbar ist, und die bisherigen Geschehnisse wie auch die aus meiner Sicht anstehenden Maßnahmen erläutern.
Pfarradministrator Augustin Toepsch und sein Grab in Schmottseiffen
Unter den drei erhaltenen Gräbern aus dem 19. Jahrhundert mit gemau-erten Grüften sticht das Grab des Priesters Augustin Toepsch durch die Gestaltung und die bestattete Person heraus. Augustin Toepsch war Priester der Diözese Breslau und ab 1868 Kaplan in Schmottseiffen, wohin er zum 3. Juli 1868 von seiner vorherigen Kaplansstelle in Kostenblut (Kreis Neumarkt) versetzt wurde (vgl. Schlesisches Kirchenblatt, Nr. 28 vom 11. Juli 1868, S. 332; Dank an Silke Shimazu für die Recherche). Als Nachfolger von Robert Schwiderki war er der letzte der Kapläne unter Pfarrer Johann B. Bürgel, der bis 1870 als Pfarrer genannt wird. Toepsch soll laut der Schmottseiffener Chronik trotzdem bereits ab 1869 Pfarradministrator gewesen sein. In dieser Funktion verblieb er bis zu seinem Tod am 5. November 1878 im Alter von nur 48 Jahren.
Er wurde trotz der langen Dienstzeit nicht zum Pfarrer von Schmott-seiffen ernannt. Die Gründe sind in den Umständen der preußischen Kulturkampfgesetze zu vermuten, die die Souveränität der Kirche massiv einschränkten, die Besetzung von Pfarrstellen behinderten und 1875 sogar den Breslauer Bischof Heinrich Förster zwang, sich auf seinen böhmischen Sommersitz ins Exil zurückzuziehen. Mag zu Beginn von Toepschs Amtszeit sein relativ junges Alter eine Rolle gespielt haben, ist die lange, auch dem Kirchenrecht nicht wirklich entsprechende Dauer der provisorischen Pfarrverwaltung nicht anders zu erklären.
Der frühe Tod mag die Gemeinde erschüttert haben, man kann auch über eine Widerständigkeit der Gemeinde gegenüber den staatlichen Repres-sionen spekulieren. Sicher ist, dass der Pfarradministrator Augustin Toepsch in einem außerordentlich repräsentativen Grab beigesetzt
wurde und der Grabinschrift der Nachsatz „Er war fest im Glauben“ bei-gefügt wurde.
Ähnlich dem nebenan erhaltenen Grab der Gutsbesitzerfamilie Siebelt wurde eine gemauerte Gruft angelegt, in der Toepsch in einem Zinksarg beigesetzt wurde. Wie bei solchen Gruftbestattungen üblich, dürfte er in einen hölzernen Innensarg gebettet gewesen sein. Der Zinksarg war vermutlich zur Vermeidung von Verwesungsgeruch verlötet. Drei Öff-nungen an den Seiten und dem Fußende der Gruft dienten der Belüftung, sind aber auch teilweise für den aktuellen Zustand ursächlich. Das Grab wurde mit einer vierteiligen Abdeckung aus Steinplatten verschlossen und mit einem beeindruckenden Grabdenkmal geschmückt. Dieses bekam auf einem mehrteiligen Sockel aus Kalk- oder Sandstein eine etwa lebensgroße Darstellung eines Bischofs mit Stab, Mitra und Buch
im Stil der Zeit. Eine ganze Reihe heiliger Bischöfe könnte mit diesen sehr allgemeinen Attributen dargestellt werden. Im Zusammenhang mit dem Verstorbenen scheint mir einzig die Annahme sinnvoll, hier den heiligen Augustinus von Hippo anzusprechen, der nicht nur einer der bedeutend-sten frühkirchlichen Theologen war und als einer der vier lateinischen Kirchenväter der Alten Kirche verehrt wird, sondern hier als Toepschs Namenspatron naheliegt. Am Sockel ist eine Marmorplatte mit der Grab- inschrift angebracht. Diese lautet:
Hier ruhet im Herrn
Sr. Hochwürden
der Pfarr-Administrator
Augustin Toepsch
geboren d. 11. Mai 1830
gestorben d. 5. Nov. 1878
Er war fest im Glauben
Aktueller Zustand des Grabes
Erstmals bewußt angesehen und fotografiert habe ich das Grab im Sommer 2008. Zu diesem Zeitpunkt stand der heilige Augustinus bereits ohne Kopf auf dem Sockel. Die Hände mit Stab und Buch fehlten. Der Blick durch die Lüftungsschlitze offenbarte, dass die Gruft zu einem
unbekannten Zeitpunkt geschändet und der Sarg aufgebrochen wurde. Die sichtbaren sterblichen Überreste liegen ungeordnet in und neben dem Sarg – auf den damals aufgenommenen Fotos sind ein Oberschen-kelknochen, Rippen und weitere kleinere Knochen erkennbar, der Schä-del liegt daneben.
Durch die Lüftungsöffnungen wurde mit der Zeit verschiedentlich Müll entsorgt. Fotos aus den Jahren seither zeigen, dass immer wieder einge-griffen wurde. So ist nach 2011 ein zweiter Schädel hinzugekommen. Plastiktüten und ausgebrannte Grablichte, die auf früheren Fotos zu sehen sind, waren im August 2025 nicht mehr vorhanden. Dafür sind eine Reihe Corpora – Darstellungen des gekreuzigten Christus – in den Sarg geworfen worden. Bei aller Erschütterung über den Umgang mit der Totenruhe ist nicht auszuschließen, dass jemand aus dem Kreis der heutigen Bewohner Schmottseiffens einen Teil des Abfalls entfernt und hier eine Ablage für Reste zerstörter Kruzifixe gefunden hat, die man nicht einfach im Müll entsorgen wollte. Diesen Gedanken finde ich für ein
Priestergrab sogar ein wenig tröstlich.
Sinn und Nutzen der Restaurierung des Priestergrabs
Zunächst steht die Notwendigkeit der Wiederherstellung der Totenruhe (hoffentlich) außer Frage.
Dies könnte natürlich auf unterschiedliche Weise auch ohne Restaurie-rung erfolgen, etwa durch Sicherung und Wiederbestattung im Erdreich. Auch eine relativ einfache Sicherung der Überreste im wieder zu ver-schließenden Sarg, nach Entsorgung des Mülls und mit Verschluß der
Lüftungsöffnungen wäre denkbar. Diese Lösung schwebte mir ursprüng-lich vor und würde der Menschenwürde wie auch der priesterlichen Würde des Verstorbenen Genüge tun. Die mit zusätzlichen fachlich-praktischen Erwägungen ergänzten Vorschläge von Hans Wilhelm Hübner, der am 5. August 2025 anwesend war, gehen in dieselbe Richtung.
Die nach langjähriger Verzögerung in den letzten Monaten eingetretenen Entwicklungen bestärken mich in der Befürwortung einer umfangreiche-ren Variante. Im günstigsten Fall kann die Restaurierung einen Beitrag nicht nur zur Erinnerung an die (Kirchen-)Geschichte des Dorfes leisten, sondern auch die Verständigung und gegenseitige Akzeptanz zwischen früheren und heutigen Bewohnern Schmottseiffens/Pławnas, zwischen Deutschen und Polen leisten.
Im Einzelnen:
- Erinnerung an die kirchliche Kontinuität, Anregung für das Gebet für die Verstorbenen Schmottseiffens, besonders die verstorbenen Seelsorger als gemeinsames Anliegen
- Erinnerung an die Kirchengeschichte des Dorfes, insbesondere die Folgen der Unterdrückung der Kirche durch den preußischen Staat, hier könnte ein für viele Polen unbekanntes und die Annäherung erleich-terndes Thema vorliegen
- Aufwertung des Friedhofs mit Auswirkungen auf die Erhaltung der an-deren verbliebenen Gräber aus der Zeit vor der Vertreibung
- geistliche Vertiefung durch die Beschäftigung mit dem auf dem Grab dargestellten Heiligen, die Verbindungen in verschiedener Weise ermög-licht (Papst Leo XIV. ist Augustiner, zu den Köpfen des Schlesischen Priesterwerks zählt mit Prälat Prof. Drobner ein international anerkann-ter Augustinusexperte, …)
- gemeinsames deutsch-polnisches Handeln bei der Wiederbeisetzung Toepschs in einem würdigen Rahmen (möglichst Beteiligung der Bischö-fe von Liegnitz und Görlitz, Beisetzung zuständigkeitshalber durch den heutigen Pfarrer)
- Einzubindende Personen bzw. Institutionen und anstehende Maßnahmen
Bereits beteiligt ist neben den Heimatfreunden Schmottseiffen mit Bernhard Lange als Vorsitzendem
- der 1. Vorsitzende des Schlesischen Priesterwerkes, Pfarrer Krystian Burczek,
- dessen Einsatz die aktuellen hoffnungsvollen Entwicklungen entschei-dend vorangebracht hat. Als aus Oberschlesien stammender polnisch-sprachiger Priester, der zum Klerus des Bistums Görlitz gehört und dort Domkapitular ist, hat er bei dem Treffen am 5. August den
- Ortspfarrer Stanisław Partyka CSMA für unser Anliegen gewinnen können. Bereits im Vorfeld hatte er das Projekt dem Vorstand
des Schlesischen Priesterwerkes und dem Kuratorium der Kardinal-Bertram-Stiftung vorgestellt und eine Vorabzusage (vorbehaltlich der Beantragung und Prüfung) für eine Finanzierung in Höhe von 10.000 € erwirkt.
Insgesamt sind zu beteiligen:
- Pfarrei St. Thekla Schmottseiffen/Pławna (Pfarrer Stanisław Partyka CSMA), Eigentümerin des Friedhofs, Pfarrarchiv für Informationen über Augustin Toepsch
- Heimatfreunde Schmottseiffen (inhaltliche Bearbeitung und Mitträger-schaft des Projekts, Co-Finanzierung durch Aufbringen eines Eigen-anteils)
- Bistum Liegnitz: Bischof Andrzej Siemieniewski, Kunst-/Denkmalbeauf-tragter (Kontakt über Pfr.Burczek), anstehende bischöfliche Visitation der Pfarrei St. Thekla im Oktober
- Bistum Görlitz: Bischof Wolfgang Ipolt (informell, möglichst Beteiligung an der Wiederbeisetzung)
- Schlesisches Priesterwerk / Schlesisches West-Ost-Forum e.V.
- Kardinal-Bertram-Stiftung, ggf. weitere Geldgeber
- Diözesanarchiv Breslau (Hintergrundinformationen über Augustin Toepsch)
- Zivilgesellschaft in Schmottseiffen und Liebenthal (Information und Vermittlung des Anliegens),
- Nutzung bereits vorhandener Kontakte von Bernhard Lange
- Erforderliche Maßnahmen, in enger Abstimmung/Information der Pfarrei St. Thekla:
- Information des Bistums Liegnitz und Klärung denkmalrechtlicher Rahmenbedingungen (das Grab ist 1982 bei der Kunst-/Denkmalinven-tarisierung der Pfarrei erfaßt und beschrieben worden),
- soweit möglich Kontakt im Zusammenhang mit der Visitation im Oktober
- Auswahl eines geeigneten Restaurators, Begutachtung und Angebots-einholung (der beim Treffen am 5. August zufällig anwesende Steinmetz/Bildhauer ist mit der Situation vor Ort vertraut und bietet Referenzen durch Beteiligung an Restaurierungen in Löwenberg)
- Spendenwerbung für Co-Finanzierung (vor allem über Heimatfreunde; die Ortsgemeinde sollte damit nicht belastet werden, Zielvorgabe ca. 2.000 €)
- Projektmittelbeantragung bei Kardinal-Bertram-Stiftung mit Unterstüt-zung durch Pfr. Burczek
- Forschung/Dokumentation zum Leben Augustin Toepschs und den Auswirkungen des Kulturkampfs auf die Seelsorge in Schmottseiffen (Pfarrarchiv, Diözesanarchiv Breslau)
- Öffnung des Grabes, möglichst in Anwesenheit von Vertretern der Pfarrei und der Heimatfreunde,
- Sicherung der sterblichen Überreste und sichere Aufbewahrung bis zum Abschluß der Maßnahmen, z.B. in der Sakristei; Beschaffung eines ein-fachen kleinen Sarges für die Wiederbestattung,
- Sicherung und Zwischenlagerung des originalen Zinksarges, ggf. kleine Reparaturen; Reinigung der Gruft, Sicherung der Baustelle
- Sicherung, Aufarbeitung der Grufteinfassung und -abdeckung
- Reinigung und Konservierung des Denkmalsockels und der Grabtafel
- Restaurierung und Ergänzung der Augustinusstatue
- Dokumentation (zweisprachig) und ggf. Ausstellung im Dorfgemein-schaftshaus/ehem. Bahnhof Schmottseiffen
- feierliche Wiederbeisetzung Augustin Toepschs durch Ortspfarrer, möglichst mit feierlichem Requiem für alle verstorbenen Geistlichen mit beiden Bischöfen
- Anbringung einer Informationstafel am Grab (polnisch/deutsch, ggf. englisch)
Ich würde mich freuen, wenn diese zugegebenermaßen recht ausführli-chen, aber sicher ergänzungsbedürftigen Überlegungen die weiteren Planungen voranbringen. Die zeitlichen Abläufe werden durch die anste-hende Visitation der Pfarrei durch den Bischof, die Abläufe bei der
Beantragung und Prüfung der Fördermittel und nicht zuletzt durch die begrenzte Amtszeit des derzeitigen Pfarrers von Pławna (limitiert durch seine Ordensgemeinschaft bis 2027) bestimmt.
Ergänzungsvorschläge, Engagement und natürlich Spenden sind herzlich willkommen.
Thomas Marin, 22. August 2025