Ein Besuch mit hoffnungsvollen Erkenntnissen
Ein Treffen der Enkel von Lange, Adolf 196d im Kloster Marienthal bei Ostritz war der Anlass für einen Tagesbesuch in Schmottseiffen.
Am Freitag, d. 18. Oktober 2024 brachen wir in zwei Autos zur kurzen Anreise über gut ausgebaute Straßen durch idyllische Dörfer in Richtung Liebenthal, Schmottseiffen auf. Die moderne Technik (Navi!) ermöglichte uns, Görlitz und Zgorcelek links liegen zu lassen und uns an der lieblichen Landschaft Niederschlesiens zu erfreuen.
Die Straßen befinden sich mittlerweile in einem guten Zustand, die Dörfer erstrahlen in neuem Glanz, viele neue Häuser grüßen vom Straßenrand. Überall gibt es inzwischen Supermärkte, wie Dino oder Biedronka, die ein umfassendes Warenangebot bieten.
Über Liebenthal führte uns der Weg nach Oberschmottseiffen und dann ins Tal zum Niederdorf, vorbei am Museum der Flucht und Vertreibung. Nach längerer Abwesenheit wird einem so richtig bewusst, wie lang Schmottseiffen als Straßendorf doch ist.
Im ‚Zentrum‘ begrüßen uns die überlebensgroßen Figuren des Künstlers Milinski, sowie die Bauten der ‚Schlesischen Legende‘ auf dem Gelände der ehemaligen Schmiede.
An diesem Freitag Vormittag ist noch nicht viel los in Plawna, so wenden wir uns bald dem Bahnhofsgebäude zu, von dem in letzter Zeit bedeutende Veränderungen bekannt wurden.
Der Anblick im strahlenden Sonnenschein verschlägt uns fast den Atem. Das Haus ist von außen völlig durch Sandstrahl gereinigt und trägt tatsächlich die einst im Original befindliche Aufschrift: Schmottseiffen – Lähn. Die Umgebung ist neu gepflastert, alles ist sehr aufgeräumt, eine Wildblumenwiese schmückt den Vorplatz.
Erwartet werden wir schon von Herrn Marcjan Majer, mit dem der Vorsitzende der Heimatfreunde über den Bürgermeister von Liebenthal im Vorfeld Kontakt aufgenommen hatte. Herr Majer hat lange Zeit in Deutschland gearbeitet und spricht daher gut deutsch. Er ist ein örtlicher Unternehmer, der sich als eine Art Ortsvertreter in der Großgemeinde Lubomierc sehr für die Gemeinde Plawna einsetzt. Er veranstaltet für uns eine Führung durch das Gebäude und weist mit berechtigtem Stolz auf die beinahe unfassbare Arbeit der vielen Freiwilligen/Ehrenamtlichen hin, die diese Veränderungen ermöglicht haben.
Noch ist längst nicht alles erledigt, aber man sieht die große Linie. Dieser ehemalige Bahnhof wird nun zum ‚Haus der Gemeinde‘ und dient schon seit dem vergangenen Jahr als Versammlungsort für Jugendliche, Frauenvereine, Filmvorführungen, musikalische Darbietungen und mehr.
Kernstück ist der große Saal, in dem die meisten Veranstaltungen stattfinden. Die großen Fenster lassen viel Licht ein, an der Stirnseite befindet sich ein Großbildschirm. Eine Teeküche, WC und ein kleinerer Raum für Gruppentreffen von Jugendlichen oder anderen Vereinigungen ergänzen das Raumangebot.
Das Obergeschoss enthält weitere Räumlichkeiten, deren endgültige Bestimmung aber wohl noch nicht feststeht.
Auch der Keller ist vollständig geräumt und harrt neuer Bestimmungen. Deutlich sind die Spuren der Kohle aus vergangener Zeit zu erkennen, die trotz aller Bemühungen von der ursprünglichen Bestimmung zweier Räume zeugen.
In einem dieser Räume hat man einen Blick auf die technischen Anlagen aus der Vergangenheit des Bahnhofs (siehe Foto). Dies ist nun schon sehr stilisiert und fast verfremdend, aber ein gelungener Hinweis auf die Geschichte.
Im Gespräch ergeben sich interessante Aspekte:
Die äußere Neugestaltung nahm viele Stunden in Anspruch. Herr Majer ist selbst Inhaber einer Firma für Gartengestaltung und somit ein Fachmann auf diesem Gebiet, was man dem Ergebnis auch ansieht.
Er hat in den letzten Jahren versucht, so viele Mitstreiter zu finden und zu motivieren, wie möglich, ohne die eine solche Aufgabe überhaupt nicht zu leisten gewesen wäre.
Dies hat auch den Nebeneffekt eines neu erweckten Gemeindelebens, was diesseits und jenseits der Grenze im ländlichen Raum eigentlich eine negative Entwicklung aufweist.
Die historisch korrekte Wiederherstellung des Äußeren des Gebäudes, vor allem die deutsche Bezeichnung des Bahnhofs Schmottseiffen – Lähn, fand nicht ungeteilten Zuspruch in der Bevölkerung.
Noch immer bestehen in Teilen der Einwohnerschaft große Vorbehalte gegenüber solchen Bezeichnungen. Zeitweise war auch der Bahnhofsname verdeckt von einem polnischsprachigen Transparent Swietlica Wieska Plawna, was in deutscher Übersetzung etwa ‚Haus der Gemeinde Plawna‘ heißt.
Herr Majer wies aber darauf hin, dass es in Plawna mittlerweile eine Art Generationenwechsel gegeben hat. Neben den verständlichen Vorbehalten der älteren Generation gegenüber Deutschland und den Deutschen gibt es nun eine von der Vergangenheit eher unbelastete, die sich einer Verständigung geöffnet hat.
Ähnliches lässt sich ja auch von der deutschen Seite und konkret von den Heimatfreunden Schmottseiffen sagen.
Abschließend versicherten wir uns gegenseitig in dem Bemühen, den Blick auf die Zukunft zu richten, ohne die Vergangenheit zu verdrängen.
Die Generation der Nachgeborenen sollte für eine Atmosphäre der Versöhnung und eines friedlichen Miteinanders einstehen. Deshalb sprachen wir Herrn Majer unseren herzlichen Dank dafür aus, dass er uns so freundlich aufgenommen hat und sich mit seinem starken Engagement in diesem Sinne zwischen der Gemeinde Plawna und den Heimatfreunden Schmottseiffen als Vermittler einsetzt.
Im Bahnhofsgebäude soll auch auf die Geschichte hingewiesen werden. Ein Beispiel findet sich in der Abbildung der Fahrkarte aus vergangener Zeit. Hier wären die Initiatoren für Beiträge der Schmottseiffener dankbar; vielleicht findet sich ja in dem einen oder anderen Nachlass noch ein Dokument oder gar ein Gegenstand?
Sehr beeindruckt blieb für uns noch ein kurze Zeit für einen Besuch des Friedhofs. Die Kirche St. Thekla war leider verschlossen.
Zum Mittagessen ging es dann nach Löwenberg in die mittlerweile schon zur Traditionsgaststätte der Heimatfreunde gewordenen Alten Schmiede. Die schlesisch-polnischen Speisen kamen in hervorragender Qualität und großzügiger Portionierung auf den Tisch, so dass wir gestärkt wieder in unser Quartier ins Kloster Marienthal in Ostritz bei Görlitz zurückfahren konnten. Leider war nicht genug Zeit, weitere Sehenswürdigkeiten wie das Museum der Vertreibung oder die Schlesische Legende zu besichtigen. Bei dem schönen Weg wäre auch ein Aufstieg zum Kreuzweg lohnend gewesen; aber das kann ja bei einem nächsten Besuch noch nachgeholt werden.